Thermik mit mehreren heissen Kernen.

 

Wenn wir in Anelsbuch oder in einem anderem guten, viel beflogenene Gebiet fliegen, dann fällt dem einen oder anderem sicherlich auf, dass man oftmals weniger Sinken hat, als das eigene Gerätesinken normalerweise beträgt. Das liegt daran, das der Aufwind in dieser Region so grossflächig ist, dass man einfach ein geringeres Sinken hat. Dummerweise haben wir dann zwar weniger Sinken aber zum "oben bleiben" reicht dieses leider nicht aus. Wenn man dann tatsächlich auf Steigen trifft, sollte man nicht sofort anfangen zu "zentrieren", sondern nur eine 180° Kurve machen. Diese Kurve muss man sehr sanft und mit wenig Kurvensinken ausführen! Nun, das ist doch Blödsinn, wird der eine oder andere jetzt sagen. Aber, wenn ich eine enge Kurve machen, dann nimmt das Gerät normalerweise Fahrt auf, wird in der Kurve etwas schneller und taucht nach der 180° Kehre ab. Genau das ist der Trick, den gute Piloten beherrschen, eben nur wenig Fahrt aufzunehmen und nach der Kurve überhaupt nicht abzutauchen. Das muss man bis zur Perfektion üben.

Oje, jetzt wird's richtig schwierig:

ALSO, wenn man beim Thermiksuchen ist, dann fliegt man im Bereich des geringsten Sinken, ca. 10-20% Bremse. Nun treffen wir auf eine Thermik. Als erstes müssen wir bewerten, ob wir diese Thermik "annehmen wollen oder ob wir einfach geradeaus durch fliegen und versuchen im Geradeausflug soviel Steigen als möglich mitzunehmen. Ich persönlich nehme die Thermik erst mit, wenn: Entweder auf meinem Vario 1,2 m/s Steigen steht (wenn auch nur für 1 sek.!) oder ich 3 sek. mindestens 0,3m/s Steigen habe. Sollte keiner dieser Werte gegeben sein, dann Bremse ich meinen Schirm kurzzeitig auf 90%  herunter und versuche das bisschen Steigen in geradeausflug mitzunehmen. Hierbei ist es wichtig, wie man die Bremse wieder frei gibt. Absolut tödlich (in Bezug auf den Höhenverlust) ist es, die Bremse schnell frei zu geben. Mann muss darauf achten, das man seinen Schirm wieder "langsam anfährt"! Von der Bremsstellung 90% auf die Bremsstellung 10-20% darf man sich durchaus 5 sek. Zeit lassen. Das bereutet: "21, 22, 23, 24, 25, fliegt wieder!"
Sollten wir uns entschlossen haben diese Thermik anzunehmen dann machen wir eine angebremste (abgewürgte) Kurve. Das geht folgendermassen: Wenn wir mit 10-20% Bremse unsere Thermik suchen und tatsächlich auf  einen Aufwind stossen und auch noch eine der beiden Minimalanforderungen gegeben ist, (1,2m/s Steigen oder 0,3 m/s Steigen mindestens 3 Sekunden lang) dann gehen wir mit beiden Bremsen erst auf 90% warten ca. 1 Sekunde, lassen die kurvenäussere Bremsleine auf ca. 30% nach und variieren dabei gefühlvoll mit der kurvenäusseren Bremse und dem Körpergewicht den Kurvenradius und die -neigung. Bei sanfter Thermik bleiben wir kontrolliert aufrecht sitzen, wenn's etwas dynamischer ist, dann gehen wir mit dem Gewicht auf die Kurveninnenseite. Wenn wir nach 180° die Kurve beenden wollen, dann nehmen wir beide Bremsen erst auf 60%, gehen mit dem Körpergewicht wieder in die Mitte, um geradeaus zu fliegen und fahren unser Fluggerät wieder langsam an.

Mit dieser Art der Kurventechnik verhindern wir das höhenvernichtende "Abtauchen" unseres Fluggerätes.


Jetzt fliegen wir wieder in die entgegengesetzte Richtung aus der wir gekommen sind. Wenn wir nun wieder auf einen Aufwind oder Thermik stossen dann machen wir das selbe Spielchen noch mal. Wichtig ist dabei, dass man den Höhenmesser immer im Auge behält und kontrolliert ob tatsächlich Höhe gewonnen wurde oder ob man bei diesem Spiel eher an Höhe verliert.

Diese Art des Fliegens eignet sich hervorragend zum Hangkratzen wenn mal wieder nichts oder fast nichts geht.
Dabei darf man niemals vergessen: Wenn man einen Kreis in das Steigen setzten kann, das man auch tatsächlich einen Kreis mitten im Steigen macht!!! Das Allerwichtigste beim Thermikfliegen ist: Egal welche Art des Keisens, Steigens, und Höhengewinnes man auch anwendet, ist die Kontrolle nach der Effektivität der gewählten Methode. Dazu behält man den Höhenmesser im Auge ob man tatsächlich Erfolg mit dem Steigen hat oder ob man langsam sinkt. Man beobachtet andere Piloten, ob die besser Steigen und wenn ja, dann schaut man wie die das machen!!!!!
Ich muss zugeben, dass diese Art des fliegens vielleicht nicht ganz einfach ist. Dennoch hoffe ich, dass der eine oder andere verstanden hat, dass es noch wesentlich mehr gibt als nur Wingover und Ohrenanlegen.

Armin 05.12.99